Drama - "Rückkehr nach Korsika"
Bei den Filmfestspielen in Cannes hat der Film "Rückkehr nach Korsika" der französischen Regisseurin Catherine Corsini einen Skandal verursacht: Corsini war in anonymen E-Mails an die Filmbranche unangemessenes Verhalten am Set gegenüber Crewmitgliedern vorgeworfen worden. Andere Kollegen wiederum wurden beschuldigt, sich übergriffig gegenüber den jugendlichen Darstellerinnen verhalten zu haben. Die Festivalleitung lud den Film erst aus, dann – nach Prüfung der Vorwürfe – wieder ein. In der Branche waren die Diskussionen über diese Vorgehensweise hart. Jetzt startet der Film in unseren Kinos.
Dunst liegt über dem azurblauen Mittelmeer. In der Ferne die Insel mit ihren grünen Hügeln. Khédidja und ihre beiden Töchter Jessica und Farah schauen an Bord der Fähre auf ihr Ziel: Korsika.
Auf den Spuren der Vergangenheit
Vor vielen Jahren – so war im Vorspann zu sehen – hat Khédidja diese Reise in die umgekehrte Richtung gemacht, hat Korsika fluchtartig mit ihren beiden kleinen Kindern verlassen. Am Quai auf dem Festland erhielt sie einen Anruf und brach in Tränen aus. Das war damals. Jetzt kehrt sie nach Korsika zurück, weil sie in einer reichen Familie während des Urlaubs die Kinder hüten soll.
Mit ihren beiden Teenager-Töchtern wohnt sie auf dem Campingplatz, ihre Arbeitgeber in einer Villa mit Pool und Meerblick. Während Khédidja dort den Haushalt führt, schwärmen die beiden Mädchen aus und erkunden die Insel. Am Strand legt sich Farah erst einmal mit dem Bademeister an, der ein paar Jungs rassistisch beleidigt hat.
Intensives Schauspiel, schwaches Drehbuch
Esther Gohourou als explosive kleine Schwester Farah und Suzy Bemba als die strebsame Jessica spielen die Teenager unter Strom. Dazu Aïssatou Diallo Sagna als sanfte, melancholische Mutter. Was hätte das für ein Film werden können! Gemeinsam entwickeln die drei Schauspielerinnen eine mitreißende Intensität. Denn jetzt - auf Korsika - fragen die Töchter ihre Mutter nach der Vergangenheit.
Aber das Drehbuch von Catherine Corsini und Naila Guiguet reißt alles nur an. Will von Rassismus, verdrängter Familiengeschichte, lesbischer Liebe und Pubertät erzählen - und vom Eigensinn der Korsen.
Jessica verliebt sich in die erwachsene Tochter der Familie, bei der ihre Mutter arbeitet. Sie beginnt, sich von ihrer Schwester und Mutter abzunabeln, wirft ihre Selbstdisziplin über Bord und experimentiert mit Drogen. Farah sucht ohnehin die Konfrontation mit allen. Khédidja trifft den besten Freund ihres verstorbenen Mannes und schließt Frieden mit Korsika.
Zerfranste, konstruierte Geschichte
Das stille Gesicht der Hauptdarstellerin Aïssatou Diallo Sagna begleitet geduldig die Abenteuer der beiden Mädchen. Die Laiendarstellerin ist eigentlich Krankenschwester. Aber die Dialoge zerreden die Gefühle, das Familiengeheimnis wirkt unglaubwürdig, die korsische Großmutter wie Staffage. Trotz der Präsenz der Schauspielerinnen zerfranst die Geschichte und bleibt auch in der letzten Wendung konstruiert. Schade.
Simone Reber, rbbKultur