Johann Sebastian Bach: Goldberg-Variationen © Phil.harmonie
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Album der Woche | 04.12. - 10.12.2023 - Johann Sebastian Bach: Goldberg-Variationen

Bearbeitungen von Bachs Goldberg-Variationen gibt es viele – auch für Streichtrio. In aller Regel sind das dann: eine Violine, eine Viola und ein Cello, manchmal auch zwei Violinen mit einem Cello oder einer Viola. Aber Viola, Cello und Kontrabass? Das gibt es so gut wie nie. Mit genau diesen drei Instrumenten spielen Martin Stegner, Esko Laine und Taneli Turunen jetzt die Goldberg-Variationen.

Der Bratscher Martin Stegner kommt direkt ins Schwärmen, wenn er über die Goldberg-Variationen von Johann Sebastian Bach spricht: "Es gibt kaum eine Musik, die einen so berührt. Die ist von einer so bewegenden Schlichtheit, aber doch eigentlich unglaublich komplex. Und das finde ich eben das Geniale an diesem Stück."

Zusammen mit seinen beiden finnischen Trio-Kollegen Taneli Turunen und Esko Laine hat sie Stegner nun eingespielt. Dass es schon mehr als genug Aufnahmen von den Goldberg-Variationen gibt, stört Stegner nicht. Denn die Besetzung mit Viola, Cello und Kontrabass dürfte einmalig sein.

Bach "tiefergelegt"

Bach hat die Goldberg-Variationen ja eigentlich für das Cembalo geschrieben. Auch auf dem Klavier entfalten sie ganz allein ihre besondere Aura. Der Sorge, sich an dem Werk mit der Bearbeitung zu vergreifen, begegnet Martin Stegner mit einem Lachen:

"Was ich das Faszinierende an Bach finde – das klingt jetzt ganz ketzerisch –, aber ich kenne keinen Komponisten wie Bach, dessen Musik man einfach überhaupt nicht kaputt bekommt. Also Bach bleibt immer am Leben, das ist unglaublich."

Die Idee, Bachs Musik für diese ganz besondere Triobesetzung zu bearbeiten, stammt von Esko Laine, Solobassist der Berliner Philharmoniker. Bevor es losgehen konnte, musste Martin Stegner die Version für Streichtrio von Dmitri Sitkovetsky allerdings erst einmal "tieferlegen":

"Ich musste die Stimmen zum Teil anders legen und anders verteilen, weil vieles auf dem Bass dann doch nicht zu realisieren ist oder manche Doppelgriff-Passagen auf dem Cello schlecht zu spielen sind.“

Warm und schokoladig

Martin Stegner ist seit fast 30 Jahren Bratscher bei den Berliner Philharmonikern. In dem Trio ist ihm nun eine Rolle zugefallen, an die er sich erst einmal gewöhnen musste: "Ich spiele hier ja meistens den Diskant, und dadurch habe ich die wunderbare Rolle, öfter auch die Melodie zu spielen, was ich sonst als Bratschist eher nicht tue. Und jetzt war ich plötzlich in der Situation, wo es hieß: Ja, sag mal, wie wir das machen wollen! Also ich war quasi der Konzertmeister. Und das war sehr spannend!"

Seit vielen Jahren ist Martin Stegner aber auch passionierter Jazz-Musiker. Doch als solcher wollte er nicht an die Goldberg-Variationen herantreten – einfach, weil das andere schon sehr gut gemacht haben. Also hat er sich überlegt, wie er für klangliche Abwechslung sorgen kann – und lässt zum Beispiel manche Variationen nicht streichen, sondern zupfen. Verlassen kann sich das Trio aber auch immer auf die Wirkung seiner Klangfarbe: "Dieser Sound von Bratsche, Cello und Kontrabass fasziniert mich. Das klingt manchmal ganz rund und warm, es gibt einen ganz anderen Höreindruck. Es ist ganz dunkel, ein bisschen schokoladig."

Warm und schokoladig – genau so klingen Bachs Goldberg-Variationen in der Fassung für Viola, Cello und Kontrabass. Etwas Besseres kann es in dieser Jahreszeit ja wohl kaum geben!

Moritz Reininghaus, rbbKultur