
Neuer Name, neuer Morgen, neue Stimmen - Aus rbbKultur wird radio3
Aus rbbKultur wird zum 2. April 2024 radio3. Ein neuer Name, neue Stimmen am Morgen und auch eine neue Morgensendung. Dorothee Hackenberg, die Programmchefin von radio3, über das neue Programm.
Susanne Papawassiliu: rbbKultur - so heißen wir jetzt noch, aber demnächst gibt es große Veränderungen: Unter anderem bekommen wir einen neuen Namen, wir bekommen neue Kolleginnen und einen neuen Kollegen am Mikrofon und eine komplett neue Morgensendung. Am 2. April geht es los. Bei mir ist jetzt meine Chefin Dorothee Hackenberg, die Programmchefin von rbbKultur. Und weil wir uns hier alle duzen, kann ich sagen: Hallo Doro. Dass wir umbenannt werden, kommt für viele Hörerinnen und Hörer ziemlich überraschend. Wie kam es zu dieser Namensänderung?
Dorothee Hackenberg: Wir wollen mit der Namensänderung zeigen, dass wir einen echten Neuanfang planen und werden radio3 heißen. Und ich kann auch gleich mal ein bisschen erklären: radio3 - das Wort "Radio" spielt eine Rolle. Wir glauben auch in Zeiten der Digitalisierung, in Zeiten von Streaming und Podcasts unbedingt an das Medium Radio und wollen das damit auch dokumentieren. Vom Radio fühle ich mich direkt angesprochen. Ich weiß, wenn ich Radio höre, hören auch noch andere. Es hat so ein bisschen den Lagerfeueraspekt. Und ich glaube, dass Radio einfach nach wie vor die große Qualität eines Live-Mediums hat.
Und dann spielt auch die Drei eine Rolle. Die Drei ist einerseits eine magische Zahl, aber es gibt auch eine historische Referenz: Viele, die vielleicht schon ein bisschen älter sind, erinnern sich, dass es beim ORB, dem Vorläufer des rbb, auch schon mal eine Kulturwelle gab, die "Radio 3" hieß.
Susanne Papawassiliu: … und wir hießen auch schon mal SFB 3.
Dorothee Hackenberg: Genau, SFB 3 gab es auch schon. Viele Kulturwellen haben die 3 im Namen getragen - nicht zuletzt auch BBC Three. Und das ist ja auch eine tolle Kulturwelle.
Susanne Papawassiliu: Kommen wir zum Morgenprogramm, dem Kern der Reform. Mit neuen Stimmen, neben Anja Herzog und Frank Meyer, die wir gut kennen, kommen Jörg Thadeusz und Katja Weber dazu. Aber das wird nicht alles sein, was sich morgens verändert.
Dorothee Hackenberg: Erst einmal möchte ich sagen, was bleibt, weil das ja auch wichtig ist. Es wird bleiben, dass wir ganz viele tolle fachkundige Rezensionen im Programm haben werden. Wir werden weiterhin über neue Bücher, über Theateraufführungen, über viele Konzerte berichten. Das machen natürlich die Expertinnen und Experten von rbbKultur, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bleiben ja bei uns. Es ist ja nicht so, dass die jetzt alle gehen. Im Gegenteil, die werden einfach noch mehr eingespannt.
Zusätzlich werden wir aber noch mehr berichten über aktuelle Kulturpolitik. Wir werden mit Studiogästen und Gesprächspartnern über Themen reden, auch über aktuelle Themen, wir werden aus wissenschaftlicher oder historischer Perspektive auf Debatten gucken, zum Beispiel: Brauchen wir tatsächlich Waffenlieferungen? Was heißt Pazifismus heute? Also viele Themen, die vielen Menschen auch durch den Kopf gehen und die sie bewegen und die sie, nur weil sie jetzt ein Kulturprogramm hören, natürlich auch interessieren. Aber wir wollen das eben aus einer bestimmten Perspektive beleuchten.
Das alles führt zu einem Mehr an Wort, so dass man sagen kann: Wir wollen ein regionales, aber auch ein weltoffenes Radio-Feuilleton machen. Und wir hoffen, dass damit vielleicht noch mehr Menschen dieses Kulturprogramm für sich entdecken.
Susanne Papawassiliu: Welchen Platz hat denn bei so viel Wort dann noch die Klassik - oder wie wird sich die Musik verändern?
Dorothee Hackenberg: Die Klassik findet morgens vor allem musikjournalistisch statt. Wir werden noch mehr als bisher auch klassische Themen vermitteln. Unsere Experten wie zum Beispiel Andreas Göbel oder Kai Luehrs-Kaiser werden natürlich fachkundig berichten und danach werden wir sicherlich auch mal klassische Werke spielen. Aber tatsächlich planen wir für morgens eine etwas andere Musikfarbe, einen Stilmix aus anderen Bereichen. Der wird jetzt gerade entwickelt. Aber Markenkern bleibt tatsächlich die Klassik. Das heißt, ab 10 Uhr wird die Klassik auch wieder die Hauptrolle spielen - und da planen wir durchaus auch mal etwas Längeres. Wir werden auch weiterhin die Aufnahmen unserer regionalen Orchester spielen. Und wir werden uns auch um viele Komponist:innen kümmern - das machen wir ja jetzt schon, aber das wird auch weiterhin eine Rolle spielen. Und abends gibt es natürlich nach wie vor - und vielleicht auch noch mehr - Konzertübertragungen und auch Live-Übertragungen.
Susanne Papawassiliu: Jetzt könnte man natürlich sagen: Ist das nicht inkonsequent? Hier spielen wir Klassik und da dann etwas anderes?
Dorothee Hackenberg: Ja, es ist sicherlich ungewöhnlich in Zeiten, wo alles so durchformatiert ist. Wir kehren in gewisser Weise wieder ein bisschen zu einem Einschaltprogramm zurück. Wir wollten eben keinen Mix, der nicht überzeugt. Wir haben festgestellt, dass sich Klassik nicht so gut mit anderen Musikstilen verträgt. Und wenn wir viel Wort haben, dann wäre die Klassik zu einer Art Lückenfüller degradiert worden. Das wollten wir nicht. Wenn wir Klassik spielen, dann machen wir es richtig, auch ohne Kompromisse. Und werden das auch entsprechend einordnen und mit Hintergrund versehen.
Wir hoffen halt, dass wir mit dem neuen Frühprogramm auch Menschen erreichen, die bisher nicht sonderlich klassikaffin waren, die aber, wenn sie das hören, auch dazu hingeführt werden. Wir sehen hier auch einen Vermittlungsauftrag, im besten Sinne auch einen Bildungsauftrag.
Insofern denke ich mir, haben wir beides: Wir haben die Klassik pur und wir haben viele gute Berichte über Klassik und musikjournalistischen Umgang mit Klassik - dann eben eher im Morgen.
Susanne Papawassiliu: Das sind ja recht große Veränderungen. Da gibt es einerseits einen großen Enthusiasmus und eine große Lust drauf, aber natürlich auch viel Skepsis und Kritik. Was ist jetzt für Dich oder für uns alle die größte Herausforderung, dabei auch alle mitzunehmen?
Dorothee Hackenberg: Ja genau, das wollte ich eigentlich sagen. "Alle mitnehmen" ist die größte Herausforderung: diejenigen, die uns jetzt hören, aber auch die, die uns noch hören könnten. Wir möchten hier integrativ vorgehen und nicht exklusiv. Natürlich haben wir auch im Haus die Diskussion. Natürlich vermissen einige Leute die Klassik am Morgen. Aber viele sind auch gespannt auf das, was kommt. Veränderungen hat ja niemand gerne. Viele Menschen hassen Veränderungen. Und ich kann das auch verstehen. Es ist so, wie wenn die Wohnung umgestellt wird: Man kommt nach Hause, die Möbel sind alle woanders und man fühlt sich erstmal fremd. Gleichzeitig ist es trotzdem auch toll, mal etwas Neues zu machen. Und ich persönlich bin davon überzeugt, dass das eine gute Reform ist und dass wir mit dem neuen Morgen ein spannendes und ein vielfältiges Angebot machen. Und da bieten wir jetzt in Zeiten, in denen viele Sender oder auch Medienhäuser Inhalte abbauen, ein Mehr an Inhalten und ein Mehr an anspruchsvoller Musik an.
Insofern erhoffe ich mir, dass die Menschen, die jetzt vielleicht skeptisch sind, einfach mal reinhören ab dem 2. April. Und vielleicht finden sie dann das neue radio3 sogar besser als gedacht.
Das Gespräch führte Susanne Papawassiliu, rbbKultur. Es handelt sich um eine redigierte Fassung.