Schwarze Science Fiction-Komödie - "Dream Scenario"
Ein Mann taucht in den Träumen fremder Menschen auf und wird innerhalb weniger Wochen zum Internet-Star. Doch die Freude über die unverhoffte Berühmtheit währt nicht lange, denn bald schon melden sich die ersten Träumer, die mit dem nächtlichen Besucher Horrorvisionen und Albtraumszenarien verbinden ... Kristoffer Borglis "Dream Scenario" spielt mit der menschlichen Sehnsucht nach Anerkennung und den fatalen Folgen, die daraus erwachsen können. Dabei überzeugt vor allem sein Hauptdarsteller Nicolas Cage mit einer schauspielerischen Tour de Force.
Paul Matthews (Nicolas Cage) ist ein eher durchschnittlicher Typ: verheiratet, zwei halbwüchsige Töchter, Biologie-Professor an einem kleinen College in New York. Nicht gerade eine imposante Erscheinung. Nicolas Cage spielt den Mittfünfziger mit hängenden Schultern, Halbglatze und einem leichten Stottern. Insgeheim, das wird schnell klar, leidet Paul schon lange an der eigenen Unsichtbarkeit. Der erhoffte Durchbruch als Wissenschaftler ist ihm verwehrt geblieben, seine Erfolge in der Lehre sind bescheiden. Deswegen ist er zunächst durchaus geschmeichelt, als ihn plötzlich wildfremde Leute ansprechen und behaupten, er sei ihnen in ihren Träumen begegnet ...
Zu Besuch in den Träumen anderer Menschen
In diesen Träumen taucht Paul zunächst nur als unbeteiligter Beobachter auf. Er schlendert durch die Gegend und schaut zu, während den Träumenden irgendwelche aufregenden, manchmal auch erschreckenden Dinge passieren. Als Claire (Marnie McPhail), eine alte Freundin von Paul, einen Artikel über das Phänomen schreibt, geht die Geschichte viral. Immer mehr Menschen melden sich nun auf Social Media und behaupten, Paul im Schlaf gesehen zu haben. Die Leute strömen in seine Vorlesungen, er wird in Talkshows eingeladen – und bald wird auch die Werbebranche auf ihn aufmerksam.
Die Geschichte geht viral
Pauls Hoffnung aber, nun endlich die lange verwehrte Anerkennung als Wissenschaftler zu finden, erfüllt sich nicht: Stattdessen zeigt der plötzliche Ruhm mehr und mehr seine Schattenseiten. Ein psychisch kranker Mann dringt nachts in das Haus der Familie Matthews ein, um Paul umzubringen, und es melden sich immer mehr Leute bei ihm, die zwar auch von ihm geträumt haben, allerdings in einer ganz anderen Rolle. Paul Matthews ist nun nicht mehr der Mann, der einfach nur rumsteht und zuguckt: Er vergewaltigt, er mordet und schneidet sogar kleinen Kindern ihre Zehen ab. Aus dem friedlichen Beobachter ist ein Monster geworden, ganz ohne eigenes Zutun.
Vom friedlichen Beobachter zur Horror-Figur
"Dream Scenario" ist eine schwarze Komödie, die sich mit zunehmender Dauer in eine Horror-Story verwandelt. Die Grundlage seiner Geschichte hat Regisseur Kristoffer Borgli in einem Fachmagazin für Psychiatrie gefunden. Doch nicht das Phänomen des kollektiven Träumens interessiert ihn, sondern viel mehr dessen Auswirkungen auf seine Hauptfigur: Wie Pauls Freude über die unverhoffte Popularität umschlägt in Scham, Angst, Trauer und Panik. Wie aus dem "Traumszenario" ein "Albtraumszenario" wird, das ist eine schauspielerische Tour de Force, bei der Nicolas Cage sein ganzes Können zeigt.
Träume und Realität vermischen sich
Dass sich gegen Ende des Films Träume und Realität immer stärker vermischen, ist aber auch das Verdienst von Kameramann Benjamin Loeb. Dessen Bilder, mit einer Arriflex Handkamera auf 16 mm gedreht, haben etwas Grobkörniges, quasi Dokumentarisches an sich, das gut in die Geschichte passt.
"Dream Scenario" ist ein rundum gelungener Film: ein spannender Plot, ein stimmiges Drehbuch, ein großartiger Hauptdarsteller und eine handwerklich perfekte Umsetzung. Dieser Film hat es verdient, in die Reihe der Traum-Klassiker wie "Inception", "Brazil" oder "Alice im Wunderland" aufgenommen zu werden.
Carsten Beyer, rbbKultur