Das schraege Logo der Partei "Die Linke" auf einer Wand mit abgeplatzter und rissiger Wandfarbe sowie einem grossen Riss © picture alliance/ SULUPRESS.DE/ Torsten Sukrow
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Die Debatte mit Ann Kristin Schenten, Bernd Stegemann und Ines Schwerdtner - Wagenknecht: Das Ende der Linken?

"Fans sind keine Genossen." (Ines Schwerdtner)

Vernunft und Gerechtigkeit. Dafür soll Sahra Wagenknechts Verein “Bündnis Sahra Wagenknecht” stehen. Im Januar will sie eine Partei gründen. Spätestens dann muss sie zeigen, was hinter diesen Worten steht. Die politische Landschaft hat sie allerdings schon aufgewühlt. Die Linksfraktion im Bundestag wurde liquidiert. Die Partei versucht sich nun neu zu ordnen. Im Moment verzeichnet sie sogar mehr Parteieintritte als -austritte. Trotz oder gerade wegen Wagenknecht?

Die Publizistin Ines Schwerdtner hat sich im Sommer entschieden, in die Partei “Die Linke” einzutreten und als Kandidatin für die Europawahl zu kandidieren. Damals war schon abzusehen, dass Wagenknecht die Partei verlassen wird. Der Dramaturg Bernd Stegemann gehörte zu den Gründungsmitgliedern von Wagenknechts Bewegung “Aufstehen”. Sein Verhältnis zu ihr bezeichnet er als “freundlich distanziert”.

Sie ist eine charismatische Politikerin. Sie wird gemocht und gewählt und gewollt, weil die Leute sie toll finden. Das ist eine ganz besondere Qualität. Sie hat das, was man bei Schauspielern eine bestimmte Präsenz nennen würde. Ich habe sie auch manchmal beobachtet bei öffentlichen Auftritten, da kann sie halt etwas, was nicht viele Profipolitiker können: Sie kann einen unglaublich starken Fokus setzen auf sich selber. Also in dem Moment, wo sie auf einem Marktplatz eine Bühne betritt, ist nur noch eine Realität da. Das ist Sahra Wagenknecht, und das ist eine wahnsinnige Begabung.

Bernd Stegemann

Fans sind keine Genossen. Das ist eben der Unterschied. Natürlich braucht man Figuren, zu denen man aufblickt und die man toll findet und so weiter. Die auch Projektionsflächen sind, keine Frage. Aber eine sozialistische Partei sollte sich meiner Meinung nach eben dadurch ausdrücken, dass sie wirklich mehrere Menschen hat, die so ein Projekt und auch eine Partei tragen. Sie darf sich nicht auf eine Hoffnungsträgerin verlassen. Das ist wirklich ganz, ganz gefährlich.

Ines Schwerdtner
Bernd Stegemann (© Katrin Ribbe) und Ines Schwerdtner (© Olaf Krostitz, CC BY-SA 4.0)
Bernd Stegemann und Ines Schwerdtner Bild: Katrin Ribbe | Olaf Krostitz, CC BY-SA 4.0

Gäste

Bernd Stegemann, geboren 1967 in Münster, ist Professor für Dramaturgie und Kultursoziologie an der Hochschule für Schauspielkunst Ernst Busch in Berlin und war über zwanzig Jahre Dramaturg an verschiedenen Theatern. Er veröffentlichte zahlreiche Publikationen zur Kunst des Theaters und Dramaturgie des öffentlichen Sprechens, u.a. "Die Kritik des Theaters" (Theater der Zeit, 2013), "Lob des Realismus" (Theater der Zeit, 2015), "Das Gespenst des Populismus" (Theater der Zeit, 2017,) "Die Moralfalle. Für eine Befreiung linker Politik" (Matthes & Seitz, 2018), "Die Öffentlichkeit und ihre Feinde" (Klett-Cotta, 2021) sowie zuletzt "Identitätspolitik" (Matthes & Seitz, 2023). Stegemann gehörte zu den Gründungsmitgliedern von "Aufstehen", der ehemaligen Sammlungsbewegung von Sahra Wagenknecht.

Ines Schwerdtner, geboren 1989 in Werdau (Sachsen), arbeitete als Publizistin und war bis zum Sommer 2023 Chefredakteurin des sozialistischen Magazins "Jacobin". Am 25. August 2023 erklärte sie ihren Eintritt in die Linke. Sie kandidiert für den Landesverband Sachsen-Anhalt bei der Wahl zum Europaparlament. 2022 gehörte sie zu den Initiatorinnen der Kampagne "Genug ist Genug", die sich als Reaktion auf steigende Preise in der Energiekrise entstand. Ines Schwerdtner bezeichnet sich als Sozialistin.

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