Thriller - "Islands"
Nach seinen Erfolgen mit "Oh Boy" und "Lara" kann der Berliner Regisseur Jan-Ole Gerster sich dieses Jahr wieder einmal Hoffnung auf eine Lola machen: Für den Deutschen Filmpreis 2025 ist sein neuer Film "Islands" gleich vier Mal nominiert. Unter anderem der Brite Sam Riley als bester Hauptdarsteller.
Riley spielt Tom, einen Tennislehrer auf Fuerteventura. Vor Jahren ist er auf der Insel gestrandet. Tom ist charmant, freundlich, großzügig. Die Kunden lieben ihn, seine Tage sind mit Tennisstunden ausgebucht. Und wenn es nach den weiblichen Hotelbesucherinnen ginge, wären das auch seine Nächte. Tom lässt sich immer wieder auf One-Night-Stands ein, trinkt zu viel, kokst zu viel. Da ist eine große Leere. Es fehlt an Herausforderungen, an einer wirklichen Bindung. Dann eines Tages kommt eine junge Familie ins Hotel auf die Tom sich aus unerfindlichen Gründen einlässt. Er zeigt ihnen die Insel, kümmert sich um ein besseres Zimmer, spielt Tennis mit dem kleinen Sohn, flirtet mit der mysteriösen Mutter und geht tanzen mit ihrem Mann Dave. Am nächsten Morgen ist der verschwunden. Und ein Thriller beginnt ...

Gebrochene Figuren
In "Islands" geht es nicht um eine geradlinig erzählte Geschichte, sondern um existenzielle Fragen. Dieser Film schlägt unzählige Volten, vielleicht sind es manchmal ein paar zu viel, doch man folgt gerne. Sam Riley ist kein Schauspieler, der Klischees bedient, so wenig wie Jan-Ole Gerster ein Regisseur fürs Plakative ist. Er hat eine Schwäche für gebrochene Figuren, die ihren Weg erst noch finden müssen. Das war bei "Oh Boy" mit Tom Schilling so, auch Corinna Harfouch als "Lara" erkennt spät, dass sie vielleicht falsch abgebogen ist, und auch Tom in "Islands" hat seine Träume verloren – lebt nur vordergründig das, worum ihn alle beneiden: ein freies Leben unter der Sonne.
Hitchcock-eske Bilder treffen auf Club-Beats
Stimmungsvolle Bilder und die Kompositionen von Dascha Dauenhauer unterstreichen das Hitchcock-eske in dem vermeintlichen Paradies, in dem der Aufprall der Tennisbälle von den nächtlichen Club-Beats abgelöst werden. Die Musikerin ist übrigens gleich zwei Mal für die Lola dieses Jahr nominiert: für "Islands" und für Burhan Qurbanis Richard III.-Shakespeare-Adaption "Kein Tier. So Wild".
Und auch Sam Riley geht mit zwei Filmen ins Rennen um die Lola als bester männlicher Hauptdarsteller: als der legendäre schwule Choreograf John Cranko in "Cranko" und für "Islands".

Traumrolle für Sam Riley
Glaubhaft verkörpert er seine Figur als einen Mann, der durch die Begegnung mit einer fremden Familie – ohne selbst zu begreifen, was da geschieht – auf einmal eine große Leere spürt, ins Nachdenken kommt, vielleicht erkennt, dass dieses Leben auf der Insel eine Flucht war. Für ihn, sagt Riley, sei dieser Tom eine Traumrolle gewesen. Auch dank seiner Darstellung bewahrt sich der Film eine wunderbare Leichtigkeit, die gekonnt vieles in der Schwebe lässt.
Gedreht wurde auf englisch und es empfiehlt sich unbedingt, "Islands" im Original mit Untertiteln zu sehen.
Christine Deggau, radio3