Ripieno © Thomas Platt
Thomas Platt
Bild: Thomas Platt

Mediterrane Küche in Kreuzberg - Bistro & Kaffee "Ripieno"

Bewertung:

Ein winziges Gelass in der Monumentenstraße in Berlin-Kreuzberg gehört zu den wenigen Ristorantes in Berlin, denen noch echte Überraschungen gelingen – ein Kunststück innerhalb eines kulinarischen Kanons, der längst zum Alltag der Deutschen gehört.

Im "Ripieno" gibt es ausgesprochen findige, zugleich restlos stilsichere Zubereitungen, die mitunter auftreten wie eben erfunden. Dass man sie in der eigenen Küche nicht so leicht hinbekäme, bedeutet jedoch nicht, dass sie hochgestochen oder kompliziert wären.

Simple Gerichte werden zum Leuchten gebracht

Das Unnachahmliche entsteht zwischen den Händen von Federica Sechi. Die junge Köchin besitzt die Gabe, traditionelle, mitunter simple Gerichte, die eigentlich keinen großen Gestaltungsspielraum gestatten, gleichsam zum Leuchten zu bringen.

Bei der Pinsa Lidia zum Beispiel, der altrömischen Variante der Pizza, legt sie den Akzent trotz Aubergine, Pesto, Ricotta und Burrata als Belag auf dem focacciaartigen, knackig-fluffigen Teig, bei den Ravioli wiederum auf Artischocke und Minze in der Füllung, während bei "Caccio e pepe" der eigentlich wenig wahrscheinliche Einklang von schwarzem Pfeffer und rezentem Schafskäse mit mildem, fühlbar dottrigem Nudelteig verblüfft. Der wiederum stößt bei den Tagliatelle al Ossobucco auf einen derart aromatischen Widersacher, dass bloß noch seine vollmundige Konsistenz zum Ausdruck gelangt.

Ripieno © Thomas Platt
Bild: Thomas Platt

"Genial-skurril"

Federicas Torta Limone, die ohne klebrige Süße auskommt, lebt vom Kontrast zwischen säuerlicher Crème und knackiger Baiserschicht. Da kommt das Tiramisu nicht mit, dem man (wieder einmal) die Verwendung von H-Sahne anmerkt.

Der ein bisschen versteckte Ort am Westrand des Viktoriaparks (Spaziergänger können sich bei Vincenzo Nania am Tresen auch ambulant versorgen) wirkt hier auf eine fast verunsichernde Weise unkonventionell und schräg. In Italien dagegen dürfte es ein leichtes sein, alsbald auf einen Vertreter jener Liga der Köche und Wirte zu stoßen, die im besten Sinne individualistisch und eigensinnig agieren, wenn nicht stur. Auch das kleine Kreuzberger Lokal kann man mit den Begriffen genial-skurril oder anarchisch-kreativ zu fassen suchen.

Thomas Platt, rbbKultur

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