Ramen: Japanische Nudelsuppe © Addictive Stock/Shotshop / dpa
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Ikone der japanischen Esskultur - Ramen – das kleine kulinarische Gesamtkunstwerk aus Japan

In kaum einer anderen Küche spielt Ästhetik eine so große Rolle wie in der Küche Japans. Traditionelle Gerichte setzen auf die Harmonie der Speisen: Geschmack und Aussehen sollen eine Einheit bilden. Die beliebte Suppe Ramen ist keine traditionelle Speise: Sie ist erst um 1900 aus der chinesischen Küche übernommen und weiterentwickelt worden. Dennoch ist die Kombination von Farben, Formen, Aromen und Texturen, die je nach Region stark variiert, mittlerweile eine Ikone japanischer Esskultur: Suppe, Nudeln, Eier, Gemüse, Fisch, Fleisch und Öl bilden in der Schüssel ein ausgeglichenes Bild, das die Augen ebenso wie den Gaumen anspricht.

Lamian - "Hand gezogene Nudeln" - so hießen ursprünglich die Weizennudeln, die in Japan zu "Ramen" geworden sind. Wie kam es dazu? Chinesische Köche, die in Japan lebten, hatten um 1900 die Idee, Lamian in der Brühe zu kochen. Was diese von anderen chinesischen Brühen unterscheidet, sind die typisch japanischen Zutaten - vor allem getrockneter Fisch und Seetang.

Japanischer Klassiker, weltweit beliebt

Das erste spezialisierte Ramen-Geschäft eröffnete 1910 in Tokio, landesweit bekannt wurde die Spezialität erst nach dem Zweiten Weltkrieg. Mit der Erfindung der haltbaren Instantnudeln 1958 und der Instant-Nudelsuppe einige Jahre später ist die sogenannte Chicken-Ramen-Suppe zum beliebten Fastfood-Gericht insbesondere für Bauarbeiter, Angestellte und Studenten geworden. Ob frisch zubereitet in trendigen, mehr oder weniger authentischen Restaurants, mit frisch hergestellten Nudeln oder verpackt auf bunten Supermarktregalen: Ramen begegnen wir heute überall - und Ramensuppe ist weltweit zu einem beliebten Gericht geworden.

Ein "Ramenya" (Ramen-Restaurant) in Tokio © Frank Duenzl/dpa
Ein "Ramenya" (Ramen-Restaurant) in TokioBild: Frank Duenzl/dpa

Grundzutaten

Die Mehrzahl "Suppen" wäre eigentlich angebrachter, da so viele Variationen von Ramen existieren, wie es Städte und Dörfer in Japan gibt. Sie unterscheiden sich durch die Zubereitung und Kombination der drei Grundzutaten Brühe, Nudeln und Topping (Beigaben).

Die Brühe ist die Standardzutat, es gibt aber vier Varianten davon:

Shoyu (mit Sojasoße abgeschmeckt) ist eine Brühe aus Hühner- und Schweineknochen, die mit einer Mischung aus dem süßen Reiswein Mirin, dem alkoholhaltigen Reisgetränk Sake und Tare, einer Reduktion aus Sojasoße, und mit dem Fett von geschmorten Schweinebacken gewürzt wird. Diese verleihen der Brühe eine dunklere Farbe und einen intensiveren Geschmack als Shio. Diese Variation ist die in Tokio am weitesten verbreitete Ramen-Art.

Tonkotsu ist eine trübe Brühe aus lange ausgekochten Schweineknochen, die besonders fettig ist. Die Knochen setzen viel Gelatine frei, das macht die Brühe so cremig, dass sie im erkalteten Zustand geliert. Diese Brühe ist Grundlage des typischen Ramens der Stadt Yokohama.

Miso ist eine Gemüsebrühe, in der Miso, eine würzigen Paste aus fermentierten Sojabohnen, aufgelöst wird. Oft wird sie mit Chilis gewürzt. Diese Brühe ist die Grundlage für den typischen Ramen Sapporos, der wichtigsten Stadt auf der Insel Hokkaido.

Shio (japanisch für Salz) ist eine delikate Brühe aus Hühnerknochen, getrocknetem Fisch und Meeresfrüchten, die nur mit Salz und ohne weitere Gewürze zubereitet wird. Mit Shio wird Ramen im Süden Hokkaidos zubereitet.

Nudeln und Topping

Ramen-Nudeln werden aus Weizenmehl, Wasser, Salz und Kansui hergestellt. Letzteres ist ein Mineralwasser, das besonders reich an Natriumcarbonat ist und auch bei hohen Temperaturen seine Festigkeit und Elastizität bewahrt. Ramen-Nudeln können dick oder dünn, gerade oder gewellt sein und auch Ei enthalten. In einigen Restaurants kann man zwischen Ramen und den ursprünglich japanischen Udon- oder den Soba-Nudeln aus Buchweizen wählen.

Die Zutaten für das Topping hängen zwar teilweise mit der Art der Brühe zusammen, können aber nach Belieben hinzugefügt und kombiniert werden. Leichte Brühen werden vor allem mit Fisch und Gemüse belegt, deftigere Brühen von Schweinebraten und marinierten Eiern begleitet. Beliebt sind Narutomaki (Fischbällchen), Nori (Seetang), Kamaboko, eine surimi-ähnliche Fischpaste, die aus blauem Fisch hergestellt wird, Frühlingszwiebeln, geschmorter Bok Choi, frische Pilze, die roh in die kochende Brühe gelegt werden, aber auch rehydrierte und in der Brühe gekochte Shiitake sowie Palmherz, Bambus- und andere Sprossen.

Es ist beinah unmöglich, alle Ramen-Varianten zu erfassen. Hier die Verbreitetsten, die oft auch in europäischen Ramenläden angeboten werden: Tokyo, Sapporo, Hakata, Hakodate und Asahikawa.

Wie bei anderen japanischen Gerichten werden bei Ramen Kräuter und Gewürze eher sparsam verwendet, um den Eigengeschmack der hochwertigen, meist regionalen und saisonalen Zutaten nicht zu überdecken.

Perfektes Zusammenspiel ausgewogener Zutaten

Ramen zu Hause zubereiten ist etwas aufwendig. Selbst wenn man fertige Hühnerbrühe verwendet, braucht man eine lange Liste von Zutaten, die in unseren Küchen nicht üblich sind. Ein realistischer Einstieg ist die Shoyu-Variante, die am weitesten verbreitet ist, ohne den Anspruch, dem Original-Ramen gerecht zu werden, aber dennoch im Wissen, dass Ramen nicht einfach nur eine Suppe, sondern ein perfektes Zusammenspiel ausgewogener Zutaten ist.

Elisabetta Gaddoni, rbbKultur

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