Hummus auf Teller © Zoonar/Olena Mykhaylova / picture alliance
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Das vielleicht älteste Mus der Welt - Hummus: Paradegericht der arabischen und levantinischen Küche

Pürierte Kichererbsen, Olivenöl, Sesammus, Knoblauch, Kreuzkümmel, Zitronensaft und Salz – schon ist der Hummus fertig. Könnte man meinen. Aber ganz so einfach ist es nicht, weiß Thomas Platt. Deshalb schmeckt auch jeder Hummus anders.

Ist Sesam der neue Bacon? Diese Frage kann man stellen, wenn man die Rolle des Tahin im zeitgenössischen Hummus betrachtet. Denn die Paste aus gerösteten und gemahlenen Sesamkörnern gibt dem nun schon seit Jahren aktuellen Trendgericht eine voll fettige, röstige, nussige und mitunter auch leicht rauchige Prägung. Diese beinahe animalische Wucht erkennt man sofort wieder.

Doch die feine Art bezieht das Mus aus durchgekochten Kichererbsen vom Eidotter-Aroma mit einem Anflug Erbse (jedoch ohne deren Lieblichkeit) und einer ganz leichte Unreife, die ein bisschen an Grünkern erinnert. Bestimmt wird das eigentümlich leise, aber eindrücklich vegetabile Aroma vom hohen Proteingehalt der Hülsenfrucht. Er bettet den veganen Speck ein. Zusammen mit frischem Zitronensaft und Meersalz kann eine frugale Delikatesse entstehen.

Hoher Suchtfaktor bei authentischem Hummus

Das Paradegericht der arabischen und levantinischen Küche existierte schon in der Alten Welt und dürfte überhaupt eines der ältesten Gerichte sein, das einigermaßen unverändert auf uns gekommen ist. Trotz der ehrwürdigen Historie: Obacht! Authentisches Hummus kann suchterzeugend wirken.

Bei den industriell produzierten Varianten droht allerdings keine Abhängigkeit. Zwei Gründe sind dafür verantwortlich: Einmal ist Hummus ein ausgezeichneter Nährboden für Bakterien. Sobald Tahin mit Wasser in Berührung, tickt die Uhr. Deshalb kommen aus Gründen der Haltbarkeit und Stabilität reichlich Zitronensäure und weiteren konservierenden Stoffe zum Einsatz.

Zum anderen steht es in Konkurrenz mit unzähligen vegetarischen Kreationen unserer Tage. Damit es sich unter den ebenfalls veganen Aufstrichen, Cremes, Dips und Schmalz im Supermarkt behaupten kann, greifen die Hersteller gestalterisch ein. Manch ein Hummus wird so ungeniert aufgepeppt, dass es eher Mayonnaise oder Frühstücksquark ähnelt, manche sogar einem Salatdressing. Nicht selten komm auch überröstetes Sesamöl zum Einsatz.

Wer Hummus liebt, liebt viel Hummus!

Wer Hummus liebt, liebt immer auch viel Hummus und kocht es gerne auch selbst. Wie im Restaurant oder Imbiss macht es nur mit guten Zutaten richtig Freude. Am besten kauft man getrocknete Kichererbsen mit einem Durchmesser von 6 - 8 mm, die noch kein richtiges Häutchen ausgebildet haben, und verwendet frisch gepressten Zitronensaft und Meersalz. Unerlässlich ist natürlich ein Spitzen-Tahin (z.B. Al Arz, Al Kanater).

Zunächst wird die Hülsenfrucht ungefähr einen halben Tag eingeweicht, gründlich abgespült und dann mindestens eine Stunde, zumeist anderthalb, sprudelnd weichgekocht. Beim Abseihen wird das proteinhaltige Kochwasser (in Fachkreisen "Aquafaba" genannt und beispielsweise zur Herstellung von Eischnee- und Mayonnaise-Imitaten verwendet) aufgefangen, um die Masse damit später geschmeidig zu rühren. Ob etwas Natron bereits beim Einweichen zugesetzt wird, erst beim Kochen oder überhaupt nicht, ist Gegenstand zahlloser Erörterungen.

The Return of the Hummus King © Thomas Platt

Tahin (der Anteil kann bis zu 40 % betragen), Zitrone, Meersalz und ein paar Esslöffel Kochwasser werden mit den garen und von den letzten glasigen Häutchen befreiten Kichererbsen zu einem mehr oder minder glatten Mus gemixt. Als Garnitur altbezeugt sind in seinen historischen Heimatregionen Naher Osten, Maghreb und Arabien vor allem Kreuzkümmel (Cumin), Knoblauch, Gemüsezwiebel, Chili, Petersilie sowie das säuerliche Sumach. Und natürlich reichlich Olivenöl.

Navot Shelach vom Restaurant "Kelem" in Neukölln versieht die gemüsig-herbe Substanz seines kultivierten "Abballe Hummus" noch mit einem Dattelsirup-Akzent (Date Honey). Die Vollendung jedoch liege, sagt der erfahrene Koch, nicht in seiner Hand. Sie verdanke sich letztlich etwas Unbestimmbaren – dem "God particle" - Gottespartikel. Dieser feinstoffliche Effekt ist wohl auch der Grund, warum kein Hummus exakt wie das andere wird.

Thomas Platt, radio3

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