Hülsenfrüchte © Elisabetta Gaddoni
Elisabetta Gaddoni
Bild: Elisabetta Gaddoni

Gesund, lecker & nachhaltig - Hülsenfrüchte

In "Spaghetti-Western" der 70er Jahre waren Bohnen das unfeine Standardgericht, das Cowboys direkt aus der Pfanne vertilgten. Hülsenfrüchten haftet seit jeher das Image des "Arme-Leute-Essens" an, obwohl ihre Vielfalt unzählige schmackhafte Zubereitungen zulässt. Der Welttag der Hülsenfrüchte, durch die Vereinten Nationen ausgerufen, erinnert uns jedes Jahr am 10. Februar daran, dass Bohnen, Linsen, Erbsen und Kichererbsen nicht nur wohl schmecken, sondern auch gesund sind - für uns und für die Umwelt.

Bohnen, Linsen, Erbsen und Kichererbsen gehören in all ihren Varianten zu den ältesten Kulturpflanzen der Menschheit: Archäologische Funde zeigen, dass sie schon vor 10.000 Jahren im gesamten Mittelmeerraum, in Asien und in Amerika angebaut wurden. Lange waren sie für die ländliche Bevölkerung und für das urbane Proletariat die Grundlage der Ernährung. In der Kombination mit Getreide galten sie schon immer als "das Fleisch der Armen". Ob mit Reis, Mais, Hirse oder Weizen: auch ohne moderne Kenntnisse wussten die Menschen, dass Hülsenfrüchte und Getreide vom gesamten Nährwert her mit Fleisch konkurrieren können.

Das "Fleisch der Armen"

Der italienische Schriftsteller Umberto Eco schrieb mal, dass Bohnen die Menschen in Europa und auf anderen Kontinenten oft vor Hunger und Mangelernährung bewahrt haben und dadurch den Lauf der Geschichte wahrscheinlich insgesamt mehr beeinflussten als technische Erfindungen. Hülsenfrüchte waren in der Tat Jahrhunderte lang für die ländliche Bevölkerung und für das urbane Proletariat die Grundlage der Ernährung - auch dank ihrer Eigenschaft, im trockenem Zustand haltbar zu sein. In der Kombination mit Getreide galten sie schon immer als das "Fleisch der Armen".

In allen Küchen zu Hause

Hülsenfrüchte haben in beinahe allen traditionellen Küchen der Welt einen festen Platz: Soja-, Mung- und Azukibohnen werden in Asien auf verschiedenste Weise zubereitet, Linsen sind im indischen Kontinent Zutat unzähliger Gerichte und Kichererbsen bieten im Orient die Grundlage für den berühmten Humus. Auch in den Küchen Mittel- und Südamerikas sind Bohnen unverzichtbar - ob als Zutat von Eintöpfen und Reisgerichten oder als Füllung für Tortillas.

In der europäischen Küche zeugen alte und noch beliebte Eintopfgerichte wie das südfranzösische Cassoulet und die nordspanische Fabada für den Stellenwert, den Hülsenfrüchte schon immer in der Alltagsküche hatten. Schon seit der Antike wusste man von den positiven Eigenschaften der Hülsenfrüchte: Sie wurden u.a. als Stärkung für Wöchnerinnen und sogar als Aphrodisiakum für Männer empfohlen. Auch fiel auf, dass arme Leute, die täglich Hülsenfrüchte auf dem Speiseplan hatten, viel weniger an Gicht erkrankten als Reiche und Adelige, die bevorzugt Wild aßen.

Während Linsen, Erbsen und Ackerbohnen gelegentlich auch an der reichen Tafel Platz fanden, galten Bohnen immer als schwer verdaulich und blieben eher dem Volk vorbehalten, wie Annibale Carraccis Gemälde "Der Bohnenesser" von 1585 zeigt.

Im Süden beliebter

Mit der Industrialisierung der Landwirtschaft haben sich die Ernährungsgewohnheiten in Europa sehr verändert: Hülsenfrüchte und andere Protagonisten der armen Küche von früher sind zunehmend in Vergessenheit geraten. Dennoch ist das Image von Bohnengerichten in Südeuropa, z.B. in Italien, viel besser als in Deutschland. Dort hatten Hülsenfrüchte schon immer einen hohen Stellenwert in der Küche, möglicherweise wegen der bergigen Beschaffenheit der Böden, denn Linsen, Bohnen & Co. gedeihen auch auf kleinen Flächen, auch auf kargen Böden und auf Hängen, und waren somit eine günstige und zuverlässige Nahrungsquelle. Aber selbst heute sind Bohnengerichte, trotz der höheren Verfügbarkeit von Fleisch und Fisch, alles andere als verschwunden.

Soul Food

Traditionelle Spezialitäten wie Pasta e fagioli, Nudelsuppe mit weißen Bohnen und Schweinebauch oder Risi e Bisi, Reis mit Erbsen, sind Klassiker aus Norditalien, die als "Soul Food" gelten und sowohl zu Hause als auch in Gaststätten gegessen werden. Im Süden sind vor allem Kichererbsen und Saubohnen beliebt: Fave e cicoria, Saubohnenpüree mit gebratenem Löwenzahn oder Ciceri e tria, Kichererbsen mit frittierten Nudelstreifen, sind typische apulische Spezialitäten, die noch heute gefragt sind.

Interessant ist die Kombination von Hülsenfrüchten mit Fisch- und Meeresfrüchten, die in den Küstenregionen Italiens Tradition hat. Man nennt sie "Cucina mare e monti", Meeres- und Bergküche, weil die Fischer damals auch Kleinbauern waren. So wurde das, was für den Fischverkauf nicht in Frage kam, mit Gemüse, Hülsenfrüchten und manchmal auch mit Pilzen zubereitet. Pasta mit Kichererbsen und Venusmuscheln, mit weißen Bohnen und Miesmuscheln, mit Erbsen und Tintenfisch, mit frischen Saubohnen und Shrimps sind beliebte Klassiker, die oft in Restaurants angeboten werden.

Alles andere als grob

In Deutschland sind Gerichte mit Hülsenfrüchten eher selten auf den Speisekarten von Restaurants zu finden. In der regionalen Küche spielt höchstens die Alblinse eine Rolle: Sie hat es beinah als einzige geschafft, den Status einer Gourmet-Linse zu erlangen. Auf diesem Weg befindet sich die Platterbse, die neuerdings im bayerischen Unterfranken an der Stelle der Kichererbse angebaut wird, da sie sowohl Trockenheit als auch Staunässe verträgt. Ihr italienisches Pendant, die Cicerchia, gilt in Mittelitalien seit Jahren als "Königin der Hülsenfrüchte" und ist zu einer Art kulinarischem Aushängeschild der Küche der Region Marche geworden.

Aufwendiger, dafür besser

Ansonsten haben Gerichte wie Bohneneintopf oder Erbsensuppe nicht nur mit ihrem deftigen Image zu kämpfen, sondern auch mit der immer knapperen Zeit, die der Zubereitung von Speisen gewidmet wird: Trockene Bohnen müssen sehr lange eingeweicht und oft gewässert werden, damit sie schneller gar werden und verdaulicher sind. Das gilt vor allem den alten Sorten, wegen der besonders dicken Schale. Hülsenfrüchte aus der Konserve sind zwar eine schnelle Alternative, schmecken aber längst nicht so intensiv wie die frischen oder die eingeweichten. Macht man sich die Arbeit, bringen diese eine ungewöhnlich markante Note in viele Gerichte: mit Olivenöl und Knoblauch angebraten und mit Tomatensauce und Rosmarin abgeschmeckt in Salaten und Nudelgerichten, püriert im Risotto, auf Bruschetta oder als Ravioli-Füllung.

Genuss trifft Nachhaltigkeit

Heute haben Hülsenfrüchte ihr bescheidenes Image abgelegt und rücken auch als gesunde, ressourcenschonende Alternative zu Fleisch in den Fokus. Im Rahmen einer abwechslungsreichen Ernährung liefern sie einen wichtigen Anteil an Eiweiß, essenziellen Aminosäuren, Mineralstoffen wie Magnesium, Eisen und Zink sowie wertvolle Ballaststoffe. Die enthaltenen Lektine können zwar zu Magen-Darm-Beschwerden führen, aber eine lange Garzeit und das wiederholte Wechseln des Kochwassers reicht in der Regel aus, um ihren Gehalt zu minimieren. Frische Hülsenfrüchte sollten mindestens 30 Minuten gekocht werden, getrocknete viel länger, mit Ausnahmen der roten Linsen, die sehr schnell gar werden.

In der Landwirtschaft tragen Leguminosen allgemein zur Bodengesundheit bei, indem sie Stickstoff aus der Luft binden und den Boden fruchtbarer machen. Ihre tiefen Wurzeln stabilisieren den Boden, und als blühende Pflanzen bieten sie Bienen und anderen Bestäubern eine wichtige Nahrungsquelle. Zudem gedeihen sie auch in wasserarmen Regionen und leisten besonders in Zeiten von Klimawandel einen wertvollen Beitrag zur weltweiten Ernährungssicherung.

Elisabetta Gaddoni, radio3

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