In Rolf Hochhuths Theaterstück "Der Stellvertreter" wirft der Schriftsteller Papst Pius XII. vor, er habe die Ermordung der Juden durch die Nationalsozialisten stillschweigend hingenommen. Aber war das wirklich so?

Vor drei Jahren erhielten Forschende zum ersten Mal Einblick in die Quellen aus seinem Pontifikat in den vatikanischen Archiven. Projektleiter des Teams, das den Nachlass von Pius XII. wissenschaftlich unter die Lupe nimmt, ist der Kirchenhistoriker Hubert Wolf. Er stieß in den Akten auf bislang unbekannte Bittschreiben von rund 15.000 jüdischen Menschen an den Papst. Diese Hilfsgesuche belegen: Papst Pius XII. wusste im Einzelnen sehr genau über den Holocaust Bescheid. Und in vielen Fällen hat der Vatikan konkret geholfen. Doch öffentlich hat Pius XII. weitgehend geschwiegen.

Von Michael Hollenbach