Sizilianische Arancini © IMAGO / Pond5 Images
IMAGO / Pond5 Images
Bild: IMAGO / Pond5 Images Download (mp3, 16 MB)

Das beliebte sizilianische Streetfood - Arancini

Arancine, also weiblich, wie in Palermo, oder Arancini, männlich wie in Catania? Darüber sind sich die Menschen auf Sizilien nicht einig, aber die Begeisterung für diesen köstlichen Snack teilen sie uneingeschränkt. Ein prominenter Befürworter kommt aus der Literatur: Kommissar Montalbano, Protagonist der sizilianischen Krimis von Andrea Camilleri, schwärmt für die Arancini seiner Haushälterin: ovale Risottokugeln, gefüllt mit Fleisch-Erbsen-Ragout, paniert und frittiert. Mittlerweile findet man überall in Italien Arancini - auch mit Bechamel-Kochschinken- oder Tomaten-Mozzarella-Füllung oder in anderen moderneren Varianten.

"Kleine Orangen", das bedeutet das Wort "Arancini/e" und ist wohl eine Anspielung auf die Farbe der fertig gebratenen Delikatessen oder auch auf die Farbe, die Safran dem Reis verleiht. "Arancia", die Frucht ist auf italienisch weiblich, während die männliche Form eher den Baum bezeichnet. Folgerichtig sollten die Reiskugeln "Arancine" heißen. Um Kommissar Montalbano nicht zu brüskieren, nennen wir sie hier doch "Arancini".

Ganz rund wie Orangen sind sie nicht. In der klassischen Form sind sie eher oval und laufen nach oben spitz zu – eine Anspielung auf die Sil­hou­et­te des Vulkans Ätna, meinen einige. In den Bars und Rosticcerie Roms und Neapels gibt es Arancine-Varianten, die etwas kleiner sind und "Supplì" heißen.

Da die Araber im 10. Jahrhundert sowohl Reis als auch Safran nach Sizilien gebracht haben, ist ihnen auch die Erfindung der Arancine zu verdanken. Das Kochbuch des arabischen Gelehrten Muhammad al-Baghdadi beschreibt im Jahr 1226 eine als Nāranjīya (Orange) benannte Büffelfleischboulette, die ähnlich wie Arancini zubereitet wird. Denkbar ist aber, dass diese Spezialität entstanden ist, um übrig gebliebenen Reis zu verwerten.

Misslungener Risotto als Hauptzutat

Die Grundlage ist gekochter Reis, der so kompakt wie ein misslungener Risotto sein sollte. Arborio-Reis eignet sich dafür am besten, da er cremig ist. Carnaroli wird bevorzugt, wenn der Risotto hingegen locker und körnig bleiben soll. So macht Risotto für Arancini viel weniger Arbeit als sonst: Anstatt ständig zu rühren reicht es, den Reis mit Brühe zu bedecken und köcheln zu lassen, bis er die Flüssigkeit ganz aufgesogen hat. Der fest gewordene Risotto wird dann zu Arancini verarbeitet.

Für die Füllung sind der Phantasie keine Grenzen gesetzt: Jenseits der Klassiker Kalbs-Erbsen-Tomatenragout, Bechamel-gekochter Schinken, Mozzarella-Tomaten richtet sich die Auswahl der Zutaten nach dem eigenen Geschmack: frittierte Auberginen, geschmorte Paprika, Ricotta und Spinat, Pilze, Fisch, um nur einige zu nennen.

Sizilianische Arancini © IMAGO / Panthermedia

Mit oder ohne Safran

Bei aller Leidenschaft für gutes Essen scheint Kommissar Montalbano besonders von Arancini besessen zu sein - zubereitet von seiner Haushälterin Adelina. Ihr Rezept ist das einzige, das er in all seinen Romanen im Detail beschreibt. Besonders wichtig ist für ihn die Zubereitung des Fleischragouts, des "aggrassato": Das Fleisch muss "glasiert" werden, also in der Sauce lange köcheln und dann eine Nacht darin ruhen, damit sich die Aromen binden. Dann wird es rigoros nicht mit dem Fleischwolf, sondern per Hand geschnitten. Safran mag Montalbano wohl nicht - "senza zaffirano, pi carità!". Womöglich steckt dahinter eine kleine polemische Spitze gegen mailändische Kochsitten.

"Risotto alla milanese" ist ohne Safran nicht denkbar. Dabei gehört Safran auch in viele sizilianische Gerichte, wobei in Palermo damit viel großzügiger umgegangen wird als in der Gegend um Catania.

Öl oder Luft?

Sind einmal alle Zutaten da, müssen die Arancini nur noch geformt und frittiert werden. Letzteres erfordert eine Fritteuse oder einen kleinen tiefen Topf gefüllt mit hitzebeständigem Frittieröl. Darin werden die Reiskugeln einzeln bei entsprechender Temperatur (ca. 190° C) getaucht. Wichtig ist, dass die Panade sofort eine kompakte Kruste bildet, damit das Öl nicht eindringt. Daher muss das Öl heiß genug sein, ohne dabei zu verbennen. Dieses Verfahren geht nicht ohne Geruchslast. Wer es fettfrei bevorzugt, kann die Arancini im Umluftofen oder mit einer modischen "Luftfritteuse" backen. Da Öl auch Geschmacksträger ist, wird das Ergebnis sicherlich nicht auf der Höhe von Montalbanos Ansprüchen sein. Also lieber einmal die Küche zur Frittierbude verkommen lassen und gleich eine große Menge zubereiten!

Wichtig ist es, die Arancini - wie alles Frittierte -, sofort oder wieder leicht aufgewärmt noch am selben Tag zu genießen.

Elisabetta Gaddoni, radio3

Weitere Rezensionen

Picknick © DUMONT Bildarchiv/Frank Heuer/laif / picture alliance
DUMONT Bildarchiv/Frank Heuer/laif / picture alliance

Ideen fürs Picknick - Essen im Freien

Menschen essen unter freiem Himmel, seitdem sie die Erde bevölkern. Von der Steinzeit bis heute haben Jäger und Sammler, Ackerbauern oder Hirten, Soldaten oder Pilger ihre Mahlzeiten meist im Freien genommen. Von Picknick kann aber erst die Rede sein, wenn mit Absicht im Grünen gegessen wird, um sich für eine kurze Zeit wie im Garten Eden zu fühlen. Ideen und Rezepte aus 1.000 Jahren Picknickkultur helfen dabei, den Picknickkorb zu füllen.

Rote-Bete-Carpaccio © Westend61 / IMAGO
Westend61 / IMAGO

Auch fleischlos ein echter Genuss - Carpaccio - Klassiker der italienischen Küche

Als vegetarisches Gericht war Carpaccio nicht gemeint, als "Harry‘s Bar" Patron Chef Francesco Cipriani in Venedig der 50er Jahre die Kreation auftischte. Die Spezialität aus zartem, fein geschnittenem rohen Rindfleisch mit Mayonnaisetupfern galt als besonders gesund und sollte eine adelige, an Blutarmut leidende Dame aufpeppeln. Carpaccio ist dann weltweit zum Inbegriff der italienischen Küche geworden. Heute treffen eher die vielen Varianten mit hauchdünn geschnittenem Gemüse den Geschmack vieler.

Sesamöl © foodonpix/Shotshop / picture alliance
foodonpix/Shotshop / picture alliance

Den richtigen Tropfen finden - Unser tägliches Öl

Im Schatten der großen Alltagsöle aus Sonnenblumenkernen, Maiskeimen und Rapssamen sowie Ölen aus Sojabohnen und Erdnuss gibt es mit Traubenkern- und Reisöl zwei kulinarisch besonders interessante Produkte. Auch sie können in der Pfanne hoch erhitzt werden, bilden das Gargut aber besser ab als die üblichen Öle und neigen nicht zur Schlierenbildung in Saucen und Suppen. In Salat und Marinaden macht das Traubenkernöl dem allfälligen Olivenöl und auch dem Leinöl Konkurrenz. Daneben existieren Öle, die wie Gewürze verwendet werden. Die qualitativen Unterschiede sind beträchtlich - und der Verwendungszweck folgt den Erfordernissen verschiedener kulinarischer Traditionen.