Weintrauben auf Wochenmarkt © Elisabetta Gaddoni
Elisabetta Gaddoni
Bild: Elisabetta Gaddoni

Obst des Spätsommers - Kochen und Backen mit Trauben

Zu den Vorteilen des Herbstes zählt, dass eine sehr große Auswahl an Obstsorten im Handel vorhanden ist - Obst, das nicht aus anderen Kontinenten kommt und im Spätsommer viel Sonne gespeichert hat. Dazu gehören Tafeltrauben, die zurzeit in allen Größen und Farben zu haben sind und auch in Salaten und herzhaften Gerichten für fruchtige, süßsäuerliche Geschmacksnoten sorgen.

Schon der Name zeigt, wozu Weintrauben seit Jahrtausenden hochgeschätzt werden: um Wein aus ihnen zu machen. Aus Tafeltrauben hingegen lässt sich kein Wein machen, denn sie sind dafür viel zu süß und säurearm und Wein braucht eine gewisse Säure. Schon in der Antike waren Sorten bekannt, die für Wein taugten und Sorten, die als Obst gegessen wurden. In Nordeuropa tauchten Tafeltrauben eher spät auf, im 16. Jahrhundert, und waren zuerst etwas für die königliche Tafel. Das macht sich auch in der Malerei der Zeit bemerkbar: Weintrauben in Stillleben sind dick und prall, also nicht mehr die kleinen Weintrauben, die die Skulpturen der griechischen oder römischen Antike dekorierten.

Wein in Pillenform

Dennoch waren Trauben als Tafelobst selbst im 18. Jahrhundert noch etwas Ungewöhnliches, wie eine Anekdote des berühmten französischen Gastrosophen Brillat Savarin zeigt. Jemand, dem er als Dessert Tafeltrauben vorsetzte, soll empört geantwortet haben, dass er seinen Wein "nicht in Pillenform" zu sich zu nehmen pflege. Er meinte wohl, wie die meisten Menschen damals, Trauben seien nur für Wein da.

Mit ihrem feinen, süßsäuerlichen Aroma eignen sich Tafeltrauben allerdings nicht nur als Obst, sondern auch zum Kochen. Im Ganzen, wenn die Kerne nicht stören, oder halbiert und entkernt können sie mit in die Pfanne gegeben werden: ob für einen Risotto, für ein Fisch- oder Fleischgericht oder für herbstliche Salate.

Jenseits des Käse-Igels

Pellegrino Artusi, Autor des wohl berühmtesten Kochbuchs über die italienische Küche, fand schon damals, Ende 1800, dass grüne süßsäuerliche Trauben perfekt zu Fleisch passen: zu Schweinemedaillons ebenso wie zu Salsiccia. In der Pfalz serviert man Fasan in Traubensauce, in Frankreich Perlhuhn mit Trauben-Cognacsauce. Aber auch bei einer einfachen Hühnerbrust sorgt eine sanfte Traubensauce dafür, dass das Fleisch nicht zu trocken wird.

Hervorragend passen Tafeltrauben zu herbstlichen Salaten v- z.B. mit Birnen, Granatapfelkernen und Walnüssen kombiniert - und erst recht mit überbackenem Ziegenkäse oder mit Edelschimmelsorten. Vom Starkoch Yotam Ottolenghi ist ein Salat mit geröstetem Blumenkohl, Tafeltrauben und Haselnüssen ein Dauerbrenner im Netz.

Mit oder ohne Kern?

Das Saisonrezept schlechthin - in der Toskana in der Zeit der Weinernte ebenso populär wie der Zwiebelkuchen in Süd- und Westdeutschland - ist die Schiacciata all’uva, eine Art Focaccia mit süßen blauen Trauben der Sorte Canaiola, die ein bisschen an Muskatell erinnert. Schiacciata heißt "zerquetscht", weil die Weintrauben im Teig quasi zerdrückt werden. Dieser typisch bäuerliche Kuchen wird aus Brotteig gebacken und mit Olivenöl, Rosmarin und sehr wenig Zucker angereichert. Obwohl die Traubenkerne der blauen kleinen Sorte etwas bitter schmecken, bestehen die Traditionalisten darauf, dass sie zum Gesamtgeschmack der Schiacciata beitragen und dass sie auf keinen Fall fehlen sollten. Moderne Bäcker greifen aber heute stillschweigend zu kernlosen Sorten, ohne Proteste von den Kunden zu fürchten.

Allerdings dürften alle gemerkt haben, dass kernlose Tafeltraubensorten nicht annährend so gut schmecken wie die Sorten mit Kern. Nichts spricht dagegen, die Kerne einfach zu ignorieren und mitzuessen. Aufgrund der wertvollen Inhaltsstoffe sind sie schon lange eine kostbare Zutat in der Kosmetikindustrie. Schmackhafte Trauben mit Kern zu essen, könnte dann auch andere unerwartete Nebeneffekte mit sich bringen ...

Elisabetta Gaddoni, radio3

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