Speisequark in Schale © IMAGO / Shotshop
Bild: IMAGO / Shotshop

Kulinarisches Allroundtalent - Zu Unrecht unterschätzt: Quark

Der älteste Käse der Welt ist wahrscheinlich Frischkäse. Schon vor 3.000 Jahren wussten die Menschen leicht verderbliche Milch länger haltbar zu machen. Quark ist gesund, erschwinglich und ein echtes kulinarisches Allroundtalent. Dennoch – oder gerade deswegen – gilt er eher als bescheidenes, altbackenes Lebensmittel. Dabei verdanken wir ihm Käsekuchen, Marillen-Topfenknödeln, die Eierschecke und viele andere sowohl süße als auch herzhafte Kreationen.

"So ein Quark!" und "Komm doch aus dem Quark!" - lauter Ausdrücke, die seit jeher nicht gerade für große Achtung sprechen. Dabei begleitet Quark die Menschheit schon sehr lange. In der Antike waren es laut dem römischen Historiker Tacitus besonders die Germanen, die sich von geronnener Milch ernährten. Quarkähnliche Klumpen sollen diese dem siegreichen römischen Kaiser Julius Caesar als Begrüßungsgeschenk überreicht haben.

Noch heute sind es eher die Länder in Mittel- und Nordosteuropa - vor allem Deutschland, Österreich, Tschechien und Ungarn -, die sich durch eine Vielfalt an Spezialitäten mit Quark auszeichnen: ob Dresdener Eierschecke, Wachauer Marillentopfenknödel oder Ostpreußische Glumse. Dort, wo die Tierzucht verbreitet war, stellte sich bald die Frage, wie Milch - ohne Kühlung - länger haltbar gemacht werden könne. Archäologische Funde zeigen, dass schon im 8. bis 10. Jahrhundert v. Chr. Dickmilch hergestellt wurde, indem Milch in Tongefäßen erwärmt wurde. In Deutschland stammt das älteste Rezept für die Herstellung von Quark aus dem 15. Jahrhundert und gehört zur Rezeptsammlung eines Klosters in Heilbronn.

Der "Quark-Äquator"

Was der Frischkäse Ricotta in Italien, ist nördlich der Alpen Quark. Die zwei Frischkäsespezialitäten unterscheiden sich aber nicht nur im Geschmack - Ricotta ist kaum säuerlich –, sondern auch in der Herstellung. Quark entsteht, in dem der Frischmilch Milchsäurebakterien zugegeben werden (heutzutage auch etwas Lab, um den Prozess zu beschleunigen und um zu verhindert, dass der Quark zu sauer schmeckt, wie z.B. Joghurt). Ricotta wird wiederum aus Molke gewonnen, die bei der Herstellung von Käse entsteht.

Ricotta südlich und Quark nördlich der Alpen sind Zutat für unzählige Zubereitungen und Füllungen - vom Frühstück bis zum Abendessen. Kräuterquark mit Pellkartoffeln ist vielleicht die alltäglichste Variante, in der der günstige Frischkäse in vielen Haushalten auf den Tisch kommt.

Marillenknödel © IMAGO / viennaslideÖsterreichische Marillen-Topfenknödel

Für Köche und Maurer

Mit Quark wurde aber auch immer viel gebacken - angeblich schon im 13. Jahrhundert, will man den Umständen der Entstehung der sogenannten Freiberger Eierschecke glauben schenken. Diese sei ohne Quark, weil dem Frischkäse damals Lehm beigemischt wurde, um der Stadtmauer mehr Festigkeit zu verleihen. Tatsächlich ist bis in die 1930er Jahre aus Quark-Kasein der Kunststoff Galalith hergestellt worden als Material für die Fabrikation von Knöpfen und Schmuck oder auch von Isolationsmitteln für elektrische Anlagen. Heute soll Galalith immer noch Bestandteil von Stricknadeln oder Plektren sein.

Wer Quark gerade aufgrund dieser "Festigkeit" nicht schätzt, kann den festeren Frischkäse auch mit etwas Milch auflockern oder zur fetthaltigen und cremigen Doppelrahmstufe greifen, die sich insbesondere für Desserts mit frischen Früchten und Beeren eignet. Fett wird Quark am Ende des Herstellungsprozesses in Form von Sahne und je nach nach gewünschter Fettgehaltstufe hinzugefügt.

Quark vs. Frischkäse?

Zum Backen von Kuchen, die fest sein sollen, sollte eher eine niedrigere Magerstufe gewäht werden. In Ländern, in denen Quark kaum zu finden oder viel zu teuer ist, greifen die Menschen für Käsekuchen oder Cheesecake oft zu Frischkäse. Das ist nicht verkehrt, denn Frischkäse ist nichts anderes als Quark mit viel weniger Flüssigkeit. Und zu viel Flüssigkeit kann das Ergebnis auch beeinträchtigen: Der Käsekuchen wird womöglich zu flüssig und rissig und lässt sich nicht sauber schneiden. Das heißt nicht, dass die andere Variante, der Käsekuchen als Brikett, wie man ihm in vielen Cafés begegnet, die bessere Alternative ist.

Sollten viele Experimente nicht zum gewünschten Ergebnis führen, gibt es immer noch viele andere Spezialitäten, bei denen es nicht an der Konsistenz scheitern wird - wie zum Bespiel beim Quark-Kaiserschmarrn und dem Quark-Palatschinken.

Elisabetta Gaddoni, radio3

Weitere Rezensionen

Picknick © DUMONT Bildarchiv/Frank Heuer/laif / picture alliance
DUMONT Bildarchiv/Frank Heuer/laif / picture alliance

Ideen fürs Picknick - Essen im Freien

Menschen essen unter freiem Himmel, seitdem sie die Erde bevölkern. Von der Steinzeit bis heute haben Jäger und Sammler, Ackerbauern oder Hirten, Soldaten oder Pilger ihre Mahlzeiten meist im Freien genommen. Von Picknick kann aber erst die Rede sein, wenn mit Absicht im Grünen gegessen wird, um sich für eine kurze Zeit wie im Garten Eden zu fühlen. Ideen und Rezepte aus 1.000 Jahren Picknickkultur helfen dabei, den Picknickkorb zu füllen.

Rote-Bete-Carpaccio © Westend61 / IMAGO
Westend61 / IMAGO

Auch fleischlos ein echter Genuss - Carpaccio - Klassiker der italienischen Küche

Als vegetarisches Gericht war Carpaccio nicht gemeint, als "Harry‘s Bar" Patron Chef Francesco Cipriani in Venedig der 50er Jahre die Kreation auftischte. Die Spezialität aus zartem, fein geschnittenem rohen Rindfleisch mit Mayonnaisetupfern galt als besonders gesund und sollte eine adelige, an Blutarmut leidende Dame aufpeppeln. Carpaccio ist dann weltweit zum Inbegriff der italienischen Küche geworden. Heute treffen eher die vielen Varianten mit hauchdünn geschnittenem Gemüse den Geschmack vieler.

Sesamöl © foodonpix/Shotshop / picture alliance
foodonpix/Shotshop / picture alliance

Den richtigen Tropfen finden - Unser tägliches Öl

Im Schatten der großen Alltagsöle aus Sonnenblumenkernen, Maiskeimen und Rapssamen sowie Ölen aus Sojabohnen und Erdnuss gibt es mit Traubenkern- und Reisöl zwei kulinarisch besonders interessante Produkte. Auch sie können in der Pfanne hoch erhitzt werden, bilden das Gargut aber besser ab als die üblichen Öle und neigen nicht zur Schlierenbildung in Saucen und Suppen. In Salat und Marinaden macht das Traubenkernöl dem allfälligen Olivenöl und auch dem Leinöl Konkurrenz. Daneben existieren Öle, die wie Gewürze verwendet werden. Die qualitativen Unterschiede sind beträchtlich - und der Verwendungszweck folgt den Erfordernissen verschiedener kulinarischer Traditionen.