Ideen fürs Picknick - Essen im Freien
Menschen essen unter freiem Himmel, seitdem sie die Erde bevölkern. Von der Steinzeit bis heute haben Jäger und Sammler, Ackerbauern oder Hirten, Soldaten oder Pilger ihre Mahlzeiten meist im Freien genommen. Von Picknick kann aber erst die Rede sein, wenn mit Absicht im Grünen gegessen wird, um sich für eine kurze Zeit wie im Garten Eden zu fühlen. Ideen und Rezepte aus 1.000 Jahren Picknickkultur helfen dabei, den Picknickkorb zu füllen.
Bereits im alten Griechenland war es üblich, sich zum Essen im Freien zu verabreden. Die Römer machten es ihnen nach. Zu einem gesellschaftlichen Trend - zumindest unter Adeligen - wurde das Picknick aber erst im Frankreich der Barockzeit. Der Ausdruck "Pique-Nique", zum ersten Mal 1740 erwähnt, bezeichnete damals eine unterhaltsame Mahlzeit, zu der jeder seinen eigenen Anteil beisteuerte.
Das Wort hat sich in vielen Sprachen der Welt durchgesetzt, u.a. in Japan, wo "pikunikku" - also Mahlzeiten im Freien - vor allem zur Zeit der Kirschblüte eine alte Tradition sind. Speisen in der Natur gutierten die französischen Aristokraten als sinnliche Abwechslung von den starren Tischsitten ihres Standes, sie zelebrierten damit eine Art "kontrollierte" Rückkehr zur Natur. Nach der Französischen Revolution durften alle Bürger die königlichen Parks nutzen, so wurde picknicken auch beim Volk beliebt.
Die Geburtsstunde des Picknickkorbs
In der Zeit der industriellen Revolution verließen Arbeiterfamilien am Sonntag ihre dunklen Mietkasernen und machten sich auf an die frische Luft. Besonders populär wurde das Picknick im viktorianischen England, in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts: Der klassische Picknickkorb - gefüllt mit Besteck, Geschirr und Decke -, der heute als nostalgischer Artikel wieder modisch ist, stammt aus dieser Zeit.
In vielen Romanen dieser Epoche, insbesondere in denen von Jane Austen, werden Picknicks als gesellschaftliche Anlässe geschildert, in denen Menschen aus dem Bürgertum jenseits der Kälte viktorianischer Salons in ungezwungener Atmosphäre sozialisieren, sich unterhalten und nicht zuletzt flirten konnten. Picknicks adequat zu veranstalten, war in der Zeit so wichtig geworden, dass die Journalistin und Autorin Isabella Beeton, bekannt als Mrs. Beeton, in einem ihrer vielgelesenen Hauswirtschaftsbücher Picknick-Menüs für bis 40 Gäste sammelte.
Picknicks für Tausende
Diese Begeisterung hält sich noch bis heute ungebrochen: Picknicks gehören in Großbritannien zu sportlichen Events wie Pferderennen und Tennisturniere. Die rekordverdächtigsten Picknicks der Gegenwart feiert allerdings Frankreich: Vom ca. 1.000 Kilometer langen Picknick, mit dem im Jahre 2000 den Nationalfeiertag zelebriert wurde, zu den etwa 4.000 Teilnehmer:innen, die im Mai dieses Jahres auf der Champs-Élysées gespeist haben - auf einem riesigen, auf der Straße ausgebreiteten Tischtuch.
Dass Picknicks immer auch etwas Befreiendes haben, zeigte sich auch beim sogenannten Paneuropäischen Picknick, einer Art Friedensdemonstration ungarischer Oppositioneller an der österreichisch-ungarischen Grenze am 19. August 1989. Die Verabredung zum Picknick in der Nähe eines nicht mehr ganz intakten Grenzübergangs war ein Meilenstein der Vorgänge, die zum Ende der DDR und zum Zerbrechen des Ostblocks führten.
Befreiend sind Picknicks vor allem für Kinder, die es in der Regel hassen, lange am Tisch sitzen zu müssen.
Ohne Geschirr und Besteck
Nach der Corona-Pandemie hat Essen im Freien überall wieder an Bedeutung gewonnen. In Brandenburg vernetzt neuerdings eine Initiative im Internet Bauernhöfe und Gaststätten, die auf Bestellung Picknickkörbe für Wochenendausflügler vorbereiten. Wer selbst für die Füllung des Picknickkorbs sorgen will, sollte sich nicht vom Perfektionismus einer Mrs. Beeton packen lassen: Fingerfood wie kleine Quiches, Sandwichrölllchen, Tortilla- und Focacciawürfel, Zucchinipuffer, Gemüsebällchen, Blätterteigecken, süße Muffins und Obstspießchen eignen sich perfekt, um als Häppchen schnell gegessen zu werden - ohne Besteck und schweres Geschirr und vor allem, ohne das Essen mit Fliegen und Wespen teilen zu müssen.
Elisabetta Gaddoni, radio3