Auch fleischlos ein echter Genuss - Carpaccio - Klassiker der italienischen Küche
Als vegetarisches Gericht war Carpaccio nicht gemeint, als "Harry‘s Bar" Patron Chef Francesco Cipriani in Venedig der 50er Jahre die Kreation auftischte. Die Spezialität aus zartem, fein geschnittenem rohen Rindfleisch mit Mayonnaisetupfern galt als besonders gesund und sollte eine adelige, an Blutarmut leidende Dame aufpeppeln. Carpaccio ist dann weltweit zum Inbegriff der italienischen Küche geworden. Heute treffen eher die vielen Varianten mit hauchdünn geschnittenem Gemüse den Geschmack vieler.
Eine Fleischvorspeise nach einem berühmten Maler der Renaissance zu nennen, mag seltsam klingen. Der Name lag aber in der Luft: Als das Gericht Anfang der 50er Jahre in der legendären venetianischen "Harry’s Bar" erfunden wurde, ehrte die Stadt den Renaissance-Maler Vittore Carpaccio mit einer großen Ausstellung. Die roten und weißen Farbtöne, die dessen Bilder kennzeichnen, fanden sich auch in der Urform dieser Spezialität. Das Grüne kam erst später dazu, als Carpaccio - inzwischen mit Olivenöl, Zitrone und Parmesanspänen angerichtet - auch mit Rucola serviert wurde.
Das Gericht ist im Laufe weniger Jahrzehnte weltweit zum Klassiker der italienischen Küche geworden. Ein traditionelles Gericht war Carpaccio nicht, denn rohes Fleisch wurde früher kaum gegessen - und wenn überhaupt, dann eher gehackt, denn es war meistens zu hart. Bereits im 18. Jahrhundert war in Norditalien die Urform des Vitello Tonnato bekannt. Dafür wird das fein geschnittene Rindfleisch aber lange gekocht, sein englisches Pendant, der Roast Beef, im Ofen rosa gebraten.
Fein gehobelt
Carpaccio hat noch heute viele Fans und gehört zu den Standardvorspeisen, die italienische Restaurants anbieten. Allerdings ist Rindfleisch in Carpaccio-Qualität sehr teuer und nicht so einfach zu bekommen - und selbst wenn, ist es oft nicht gut genug. Auch ökologische Bedenken machen aus diesem Gericht eine Spezialität, die nicht für den Alltag gedacht ist. Viele, die dem Geschmack von rohem Fleisch ohnehin nichts abgewinnen können, verwenden lieber Bresaola-Scheiben, Bündnerfleisch oder Pastrami oder bereiten Carpaccio mit anderen Zutaten zu: mit Thun- oder Schwertfisch, Lachs, Pulpo oder Seeteufel.
Carpaccio ist heute zu einem allgemeinen Begriff geworden und umfasst alles, was fein geschnitten werden kann. Besonders interessant wird Gemüse, wenn man es feinhobelt, würzig mariniert und fantasievoll auf Serviertellern anrichtet.
Mit Gemüse oder Obst
Mit dem Gemüsehobel oder einem scharfen Messer lassen sich weiße und rote Rüben, Rote Bete, Radieschen, Kohlrabi, Knollensellerie, Süßkartoffeln, Topinambour, Gurken und Zucchini gerade so fein schneiden, dass die bissfeste Konsistenz erhalten bleibt, aber auch fein genug, um die Aromen der Marinade und der Saucen aufnehmen. Zerbröselter Käse, geräucherte Forelle oder Räucherlachsstreifen runden das Gericht ab, so auch frische Kräuter, Nüsse, Oliven und Kapern.
Carpaccio eignet sich sogar für Obst: Äpfel, Birnen, Pfirsiche, Aprikosen, Feigen und Melone lassen sich auch fein schneiden, farbenfroh kombinieren und mit Beeren, Nüssen und frischen Kräutern anrichten.
Vielleicht sind diese vegetarischen Carpaccio-Varianten nicht ganz das, was Patron Cipriani damals im Sinne hatte, dafür können sie nach Geschmack und Saison angepasst werden. Und die blutarme Dame, für die Cipriani seinen Carpaccio erfunden hat, hätte sicher auch Freude daran gehabt.
Elisabetta Gaddoni, radio3