King's Land © Henrik Ohsten – Zentropa
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Drama von Nikolaj Arcel - "King's Land"

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Er gilt als berühmtester dänischer Schauspieler seit Asta Nielsen, wurde von einer Frauenzeitschrift schon mal zum "sexiest man alive" gekürt und macht sich in Fantasyfilmen genauso gut wie in Arthouse-Dramen: Mads Mikkelsen. Jetzt ist der Däne in dem Historienfilm "King's Land" zu sehen.

King's Land © Henrik Ohsten – Zentropa
Bild: Henrik Ohsten – Zentropa

Es ist die Geschichte eines Hauptmanns der königlichen Armee, der im Jahr 1755 aus dem Krieg nach Dänemark zurückkehrt. Und eine Vision hat: Er will die jütländische Heide, die rund ein Drittel des Königreichs ausmacht, zähmen. Damit folgt er einem Aufruf des Königs, dem allerdings niemand folgt, denn niemand glaubt daran, dass man die Heide einmal wird bewirtschaften können. Außer diesem Hauptmann, Ludvig Kahlen. Und er lässt sich nicht beirren.

Über die Jahreszeiten hinweg wird er das Ödland, eine riesige Brache, so weit das Auge blickt, umgraben. Getrieben von der Idee, hier doch ein Fleckchen fruchtbarer Erde zu finden. Er sucht und findet. Um dann hier Kartoffeln anzubauen und, so sein Plan, sich so bessere Lebensbedingungen zu verschaffen und auch einen Adelstitel. Denn erst dann zählt man etwas.

Elemente eines Westerns

So hat dieser einsame Kampf eines störrischen Einzelkämpfers auch etwas von einem Western. Irgendwann wird er Mitstreiter finden: den Pfarrer oder auch die Magd Barbara und ihren Mann, die vom Hof des benachbarten Gutsherrn weggelaufen sind, weil der jede Frau als sein Eigentum betrachtet. Und dann gibt es da noch ein kleines Roma-Mädchen, das er aufnehmen wird.

In dieser zusammengewürfelten Gruppe kommt eine Ahnung von einem Leben in Frieden auf, allen gesellschaftlichen Unterschieden zum Trotz. In diesen Momenten rührt sich auch Kahlen aus seiner Versteinerung.

King's Land © Henrik Ohsten – Zentropa
Bild: Henrik Ohsten – Zentropa

Erbitterte und blutige Fehde

Im Original heißt der Film "Bastarden", denn dieser Kahlen ist der uneheliche Sohn eines Gutsherrn, ein Bastard, der davon träumt, anerkannt zu werden. Die Kartoffeln, die sollen es richten. Und sein Plan geht auf.

Nachdem er als Beweis, was er möglich machen kann, die ersten Säcke Kartoffeln ans Königshaus geschickt hat, kommen die Siedler, um die ersten Dörfer in der Heide zu bauen. All das aber ist dem benachbarten Gutsherrn de Schinkel, einem so selbstverliebten wie brutalen Adligen, ein Dorn im Auge. Er kann Kahlen nichts gönnen, beide Männer werden sich eine erbitterte und blutige Fehde liefern.

Ungeheuer körperlich: Mads Mikkelsen

Mads Mikkelsen, der 2023 beim Europäischen Filmpreis für seine Rolle in "King’s Land" als bester Schauspieler ausgezeichnet wurde, zeigt hier wieder einmal das große Spektrum an Figuren, das er beherrscht und mühelos ausfüllt. Seinen Durchbruch hatte der heute 59-jährige Däne 2006 als Widersacher von James Bond in "Casino Royale". Seitdem spielt er in Riesenproduktionen wie "Star Wars" oder "Fantastische Tierwesen", in Serien wie "Hannibal" auf den Spuren von Anthony Hopkins.

Aber Mikkelsen gibt auch den biederen Familienvater wie zuletzt in "Der Rausch". Da spielt er einen frustrierten Lehrer, eine graue Maus, der sich aber unter Alkoholeinfluss zum charmanten Witzbold hochschraubt. Und jetzt neuerliches Kontrastprogramm als einsamer Kämpfer in dem Epos "King’s Land", der hier kein Wort zu viel sagt, eigentlich nur guckt – sehr minimalistisch und ungeheuer körperlich.

So unterschiedlich die Genres und Rollen sind: Mikkelsen macht sein ganz eigenes Ding – er bleibt er selbst und wird doch zu einem anderen. Das ist ein immer wieder faszinierender Spagat.

King's Land © Henrik Ohsten – Zentropa
Bild: Henrik Ohsten – Zentropa

Bildgewaltige und abgründige Geschichte

Und so sollte man sich diesen Film in jedem Fall und unbedingt ansehen. Natürlich zum einen wegen Mads Mikkelsen, aber auch die anderen Schauspieler halten mit: Simon Bennebjerg als süffisanter Gutsherr, Amanda Collin – gerade auch in der Satire "Von Vätern und Müttern" zu sehen – als die stolze Magd und Kahlens Mitstreiterin.

Berührend ist auch, wie sparsam dieser Film mit Emotionen haushaltet: Als die erste Kartoffel keimt, kommt es zur ersten Liebesszene zwischen Kahlen und Barbara. Das Glück über die Wunder der Natur findet seinen Ausdruck in menschlicher Nähe.

Dann gibt es die Landschaftsaufnahmen, die berede von der Kleinheit des Menschen in der Weite der Natur erzählen. Und es gibt den Hass zwischen den Männern, die stille Klugheit der Frauen.

Parallelen zu heute sind erlaubt. Und so entwickelt sich dieses Historienepos zu einer bildgewaltigen und abgründigen Geschichte von allgemeingültiger Wahrhaftigkeit.

Christine Deggau, radio3

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